Dienstag, 28. Oktober 2014

fehlende Unterschrift auf gemeinschatlichem Testament

Eheleute können gemeinschaftliche Testamente anfertigen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Ehepartner das Testament handschriftlich verfasst und beide Ehepartner unterschreiben. Doch was passiert, wenn nur der Ersteller unterzeichnet und der Ehepartner nicht? Besteht dann ein Einzeltestament?

Ein im Mai 2013 im Alter von 74 Jahren verstorbene Erblasser beabsichtigte im Februar 2007 mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zu errichten. Die Ehegatten hatten vier Kinder. Im Testamentsentwurf war vorgesehen, dass der überlebende Ehegatte Vorerbe und eins der Kinder Nacherbe werden sollten.

Der Erblasser erstellte einen handschriftlichen Entwurf, den er selbst unterzeichnete. Die Unterzeichnung seiner Ehefrau unterblieb.

Nach dem Tode des Erblassers beantragte die überlebende Ehefrau einen Erbschein auf der Grundlage gesetzlicher Erbfolge. Deren Erteilung lehnte das AG Lünen mit der Begründung ab, die Erbfolge sei dem im Februar 2007 unterzeichneten Entwurf eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments zu entnehmen, der als Einzeltestament des Erblasser auszulegen und wirksam errichtet worden sei. Gegen diesen amtsgerichtlichen Beschluss hatte die überlebende Ehefrau Beschwerde erhoben.

Das OLG Hamm (15 W 46/14) hat den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Fall zwecks Erteilung eines Erbscheins auf der Grundlage der gesetzlichen Erbfolge an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellt das vom Erblasser im Februar 2007 verfasste Schriftstück kein formwirksames Einzeltestament dar, sondern lediglich den Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments. Als gemeinschaftliches Testament sei es nicht wirksam geworden, weil es die Ehefrau nicht unterzeichnet habe.

Als Einzeltestament könne es nicht aufrechterhalten werden. Zwar sei es vom Erblasser handschriftlich verfasst und unterschrieben worden, so dass es den gesetzlichen Formvorschriften eines Einzeltestaments genüge. Es fehle aber der Wille des Erblassers, ein einseitiges Testament zu errichten.

Im vorliegenden Fall könne nicht angenommen werden, dass der Erblasser die nach seiner Auffassung gemeinsam mit seiner Ehefrau zu treffenden letztwilligen Verfügungen auch ohne die mit einem gemeinschaftlichen Testament verbundene Verpflichtung beider Ehegatten habe anordnen wollen. Nach dem Entwurf des gemeinschaftlichen Testaments sei es Ziel des Erblassers gewesen, dass im hälftigen Eigentum beider Ehegatten stehende Familienheim der Familie zu erhalten. Deswegen sei eins der Kinder als Schlusserbe bestimmt worden. Diese Zielsetzung habe aber nur erreicht werden können, wenn auch die Ehefrau durch Mitzeichnung des Testamentsentwurfs eine entsprechende Verpflichtung eingegangen wäre.

Fazit: Der Wille sollte immer eindeitig und klar erkennbar sein.

Freitag, 17. Oktober 2014

Wie ist ein Sterbewunsch ohne Patientenverfügung nachzuweisen?

Die Patientenverfügung soll den Willen dokumentieren, den die verfügende Person bewusst für sich in Anspruch nehmen will. Damit wird auch Familienangehörigen und (ärztlichen) Betreuern klar der Wille aufgezeigt. Doch viele - auch junge- Menschen haben eine solche Patientenverfügung nicht. Welche Schwierigkeiten dann auftreten, gerade hinsichtlich des Nachweises eines Sterbewunsches, zeigt nachstehende Entscheidung.

Eine 1963 geborene Frau erlitt im Jahr 2009 eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Sie wird über eine Magensonde ernährt; eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Der Ehemann und die Tochter der Frau, die zu ihren Betreuern bestellt sind, haben beim Betreuungsgericht beantragt, den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen zu genehmigen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung nicht genehmigungsbedürftig sei. Sie stützen ihren Antrag darauf, dass sich die Betroffene vor ihrer Erkrankung gegenüber Familienangehörigen und Freunden gegen eine Inanspruchnahme von lebenserhaltenden Maßnahmen für den Fall einer schweren Krankheit ausgesprochen habe.

Das Amtsgericht Stollberg hatte den Antrag und den Hilfsantrag abgewiesen, das Landgericht Chemnitz die Beschwerde der Familienangehörigen/Betreuer zurückgewiesen.

Auf eine Rechtsbeschwerde hin hat der Bundesgerichtshof (XII ZB 202/13) den Familienangehörigen Recht gegeben.


Nach § 1904 II BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betroffene auf Grund des Unterbleibens bzw. des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahme stirbt. Eine solche betreuungsgerichtliche Genehmigung ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901a I BGB niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft.

Liegt dagegen keine wirksame Patientenverfügung vor, habe der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen. Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedürfe dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem festgestellten Willen des Betroffenen entspricht (§ 1904 IV BGB).

In den verbleibenden Fällen, in denen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, sei diese gemäß § 1904 III BGB vom Betreuungsgericht zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betroffenen entspricht. Das Betreuungsgericht habe bei dieser Prüfung zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits zu unterscheiden. Behandlungswünsche könnten etwa alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine Patientenverfügung i.S.d. § 1901a I BGB nicht genügten. Auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen sei nur abzustellen, wenn sich ein erklärter Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt.

Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten strenge Beweismaßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter – dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen einerseits und dem Schutz des Lebens andererseits – Rechnung zu tragen haben. Die bei der Ermittlung und der Annahme eines Behandlungswunsches oder des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorstehe oder nicht.

Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Regelungen hat der Bundesgerichtshof die angefochtene Entscheidung aufgehoben. Das Landgericht Chemnitz sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass hier wegen des nicht unmittelbar bevorstehenden Todes der Betroffenen noch strengere Beweisanforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens gälten, als in anderen Fällen. Bei seiner erneuten Prüfung werde das LG Chemnitz etwaige geäußerte Behandlungswünsche der Betroffenen unter Anlegung des zutreffenden Prüfungsmaßstabs neu zu ermitteln haben.

Montag, 13. Oktober 2014

Kann eine Vorsorgevollmacht mißbraucht werden?

Häufig wird über die Notwendigkeit einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung gesprochen. Wir weisen in Beratungsgesprächen darauf hin, dass mit der Erstellung einer solchen Vorsorgevollmacht auch Missbrauch getrieben werden kann und schlagen insoweit Lösungsmöglichkeiten vor.

Was bei Mißbrauch geschehen kann und wie Gerichte es werten zeigen die Ausführungen hierzu auf www.iww.de.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Warum ein Notar hilfreich sein kann

Im Erbrecht geht es oft um Pflichtteilsansprüche. Damit diese berechnet werden können, ist der Pflichtteilsberechtigte auf eine vollständige und wahrheitsgemäße Auskunft des Erben angewiesen. Weil nicht immer zu erwarten ist, dass der Erbe eine solche vollständige und wahrheitsgemäße Auskunft erteilt (ob gewollt oder unbeabsichtigt), hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass ein Notar mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragt werden kann.

Ist dies der Fall, trifft die Praxis häufig auf Notare, die einfach die Angaben vom Erben übernehmen und hierüber Auskunft erteilen. Das reicht natürlich nicht. Das OLG Koblenz (2 W 495/13) hat hierzu sinngemäß ausgeführt, dass eine bloße Wiedergabe der Erbenauskünfte dem Pflichtteilsberechtigten nicht denjenigen Vorteil gegenüber der Privatauskunft durch den Erben, den das Gesetz bezweckt, bring. Die Aufnahme des Verzeichnisses durch eine Amtsperson soll dem Pflichtteilsberechtigten einen höheren Grad an Richtigkeit der Auskunft gewährleisten als die Privatauskunft des Erben. Sie ist schon begrifflich eigene Bestandsaufnahme, nicht Aufnahme nur von Erklärungen einer anderen
Person. Als eigene Ermittlungstätigkeiten eines Notars erscheinen beispielsweise denkbar:

– eigene Ermittlung von Grundbesitz,
– Veranlassung der Einholung von Bewertungsgutachten durch
den Auskunftsverpflichteten,
– Überprüfung eingeholter Wertgutachten auf Plausibilität,
– Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher
oder vergleichbare Bankunterlagen für einen 10-Jahres-Zeitraum,
– Einholung einer Vollmacht des Auskunftsverpflichteten, bei
Bankinstituten (einschließlich Sparkassen), die in der Nähe des
letzten Wohnortes des Erblassers eine Zweigstelle unterhalten,
anzufragen, ob im genannten 10-Jahres-Zeitraum eine Kundenverbindung
zum Erblasser bestanden habe, nebst entsprechender
Anfrage,
– Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden
Verfügungen über die ermittelten Konten, soweit diesen
Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen
(könnten).

Der Notar soll aber immer unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände nach eigenem Ermessen entscheiden, welche Ermittlungen er vornimmt. Das Ergebnis dieser eigenen Ermittlungen muss in der Urkunde niedergelegt und als eigene Erklärung zum Ausdruck gebracht werden.