Dienstag, 24. April 2012

Überraschung - eine ungewollte Familienzusammenführung

Der Ehemann war in "stolzem Alter" verstorben. Die Witwe und seine erwachsene Tochter veranlassten eine Einäscherung. 12 Tage nach dem Tod erschien ein 1969 geborener Mann und behauptete, der Verstorbene sei sein nichtehelicher Vater.

Sollte dies stimmen, hat er Pflichtteilsrechte gegenüber der erbenden Witwe, was den Pflichtteil der Tochter schmälert.

Ein Vaterschaftsanerkennungsverfahren gegen den Verstorbenen war nicht mehr möglich nach dessen Einäscherung, jedoch unter Einholung eines DNA-Gutachtens unter Einbeziehung des "neuen" Kindes, seiner Mutter, der Witwe und der Tochter des Verstorbenen.

Die Tochter zierte sich jedoch und beruft sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht, weshalb ihr die Verweigerung einer körperlichen Untersuchung einzuräumen ist.

Das OLG München folgte diesem Ansinnen nicht.

Nach § 178 I FamFG hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben zu dulden, soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann. Zur Duldung verpflichtet ist jede Person, die für den zu erbringenden Nachweis der Abstammung in Betracht kommt. Denn in den so genannten Defizienzfällen (Geschwistertest), in denen die Untersuchung eines der beiden Elternteile nicht möglich ist, kann es notwendig sein, Eltern, Geschwister oder andere Kinder des Elternteils in die Untersuchung einzubeziehen.

Im Leitsatz hält das OLG München (Beschl. v. 27. 6. 2011 − 33 UF 942/11) fest:
"Wird in einem Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft nach einem verstorbenen Mann die erforderliche Erstellung eines Gutachtens unter Einbeziehung eines Abkömmlings des Verstorbenen angeordnet, kann dieser den Einwand der Unzumutbarkeit der Mitwirkung weder auf die wahrscheinlichen finanziellen Auswirkungen einer Vaterschaftsfeststellung (Pflichtteilsanspruch gegenüber seiner Mutter als Witwe) stützen noch darauf, dass der volljährige Antragsteller bereits zu Lebzeiten des Verstorbenen ausreichend Zeit gehabt hätte, das Feststellungsverfahren einzuleiten, dies aber aus familiären Rücksichten unterlassen habe."

Nun denn, nicht nur das Leben hält Überraschungen bereit.